AKTE A–Z
Co-Lehrende der Internationalen Sommerakademie 2016
Sonja Pendel - Gregor Eldarb - Giovanni Giaretta - Katharina Karner - Bernhard Lochmann - Noele Ody - Matthew Peers - Nina Prader - Viktoria Schmid - Sam Siwe - Anton Stuckardt - Michael Wegerer, kuratiert von Bärbel Hartje und Simone Rudolph
Eröffnung 1: Mittwoch 27. Juli 2016 19 Uhr
Eröffnung 2: Donnerstag 18. August 2016 19 Uhr
Ausstellungsdauer: 28. Juli–27. August 2016
In Anlehnung an das Jahresthema Archiv des Kooperationspartners periscope zeigt die zweiteilige Ausstellung Arbeiten von Lehrenden der Sommerakademie, die sich im
weitesten Sinn mit diesem Thema beschäftigen. Archive sind Spiegel einer Gesellschaft zu einer bestimmten Zeit. In Archiven werden Dokumente zu einer
spezifischen Fragestellung gesammelt, aufbereitet, katalogisiert und zugänglich gemacht. KünstlerInnen heute interessieren sich für die Methoden des Sammelns und die Kriterien dafür, welche
Objekte, welches Dokumente und Dateien in das Archiv aufgenommen werden und welche nicht. Diese Ausstellung zeigt unterschiedliche künstlerische
Herangehensweisen an die Akkumulation von Material, dessen Sortierung, Auswahl und Sichtbarmachung, ebenso wie Reaktionen auf bestehende Archive.
Gregor Eldarb zeigt eine regalartige Installation, die sich formal an das Thema des Sammelns und Ordnens annähert und den vor allem das Verknüpfen verschiedener
formaler Sprachen der Malerei, Architektur sowie diverser Druckmedien interessiert. Bücher von Autoren wie Kenneth Patchen oder Bern Porter, gefundene Bilder, Fotografien und Texte („Found
Poems“) spielen für seine Malerei, Skulpturen, Collagen etc. eine wichtige Rolle.
Von Katharina Karner sind zwei Bilder in der Ausstellung vertreten, in denen sie verschiedene Bildelemente verwendet, sie neu kombiniert und collagiert. Die so
entlehnten Elemente werden Teil ihrer Bildwelt und ihres visuellen Archivs, wobei sie in ihrem Arbeiten auch stets Bilder sammelt, die sie zu einem späteren Zeitpunkt in neuen Zusammenhängen zu
neuen Narrativen modellieren kann.
Bernhard Lochmanns Collagen entstehen aus einem Fundus an Fotobänden, Büchern und Illustrierten, von den 1940er bis in die 1980er Jahre. Auf Flohmärkten und in
Antiquariaten sucht er nach Publikationen, in denen sich Politik, Mode, Werbung und gesellschaftliche Entwicklungen widerspiegeln. Er schafft somit eine Art Panoptikum vergangener Jahrzehnte.
Eine stets subjektive Perspektive, die von unserer Gegenwart aus einen Blick zurück wirft.
In seinen Arbeiten setzt sich Michael Wegerer mit der Grammatik von Objekten und Bildern auseinander. Die Arbeiten unterliegen einem ständigen Prozess der
Veränderung, dessen ephemere Entwicklung sich in raumgreifenden Installationen und Objekt-Grafiken zeigt. Teils widersprüchliche kulturelle Symbole erzeugen einen vielseitig les- und
interpretierbaren Charakter.
Sam Siwe bediente sich für seine Installation, dem Archiv der Festung Hohensalzburg und den Lagern und Depots der Internationalen Sommerakademie. Aus
Neonröhren-Halterungen, die in ihrer Lagerung keinem Zweck mehr dienten, gestaltet er ein völlig neues Objekt, das sich der ursprünglichen Funktion einer Lichtquelle wieder annähert.
Viktoria Schmid zeigt eine Sammlung kurzer 16mm-Filmstreifen, die nach dem Schnitt übrig bleiben. Es ist eine Sammlung aus kurzen Filmstücken, die nicht mehr Teil ihrer Filmografie sind. Dennoch archiviert Viktoria diese kurzen Einzelbilder als eine Art Dokumentation. Diese kurzen Filmstücke vereinen sich so zu einem neuen Objekt. Giovanni Giaretta ist hingegen weniger vom Thema Archiv als eher vom Sammeln selbst beeinflusst. Er verglich es mit der Arbeit eines Fischers, der aus dem gro- ßen Sammlungs-Meer hin und wieder etwas herausfischt, um es wiederzuverwenden. In seiner Arbeit sammelt Giovanni Webcamvideos oder auch einzelne Bilder aus Magazinen, um diese übereinandergelegt zu präsentieren. So konstruiert er eine paradoxe Situation, die eine völlig neue Ästhetik schafft. Die Arbeit von Matthew Peers mit dem Titel „Two Suns, Three Flowers“ zeigt eine Collage von Fotos seiner eigenen Werke, die während einer Residency entstanden, übermalt mit Blumen- und Sonnen- motiven. Geboren in den 1990er Jahren hatte Matthew bereits in seiner Jugend Internetzugang und begann Bilder aus Suchmaschinen zu speichern und zu sammeln, um diese später in seinen Arbeiten zu verwenden. Nina Prader vertritt den Ansatz, dass Archive nur in der Sprache und Zwischenmenschlichkeit existie- ren. In ihrer künstlerischen Arbeit beschäf- tigt sie sich viel mit Flugblättern und deren Wege. Im periscope zeigt sie ein Gedächtnis- werkzeug, angelehnt an die Idee eines Memory Spiels in Verbindung mit selbstgestalteten Plakaten ihrer Radiosendung „Paper & Tape“. Auch die Arbeit von Anton Stuckardt konzen- triert sich auf das Wort und die Sprache.
Es handelt sich um eine Überschreibung von Heinrich von Kleists „Über das Marionetten theater“, die seinen Umgang mit historischen Quellen verdeutlicht. Er
vergleicht die Dis-kussion über die natürliche Anmut und Eleganz von Marionetten mit der virtuellen Realität der Camera Obscura. Den wohl offensichtlichsten Umgang mit dem Thema des Archivs
vertritt in dieser Ausstellung Sonja Bendel. Sie zeigt einen Archiv-Zettelkasten mit Karteikarten, auf denen sie ihre Ideen aufschreibt und die- se somit archiviert. Der ausgestellte Zettel-
kasten dient der Suche nach Bildtiteln, ob es aufgeschnappte Wortkombinationen für zukünftige Titel oder bereits bestehende Bildtitel sind. Im analogen Archivieren interessiert sie auch die
haptische Komponente zur Verbildlichung, um die Zusammenhänge buchstäb- lich vor Augen zu haben.
∎ENGLISH
RECORD A-Z
Co-teachers at the 2016 International Summer Academy
With Sonja Bendel, Gregor Eldarb, Giovanni Giaretta, Katharina Karner, Bernhard Lochmann, Noële Ody, Matthew Peers, Nina Prader, Viktoria Schmid, Sam Siwe, Anton
Stuckardt, Michael Wegerer, curated by Bärbel Hartje und Simone Rudolph
Opening 1 Wednesday 27 July 2016 at 7 p.m.
Opening 2 Thursday 18 August 2016 at 7 p.m.
Duration 28 July–27 August 2016
Opening hours Thursday–Saturday 4–8 p.m. and by arrangement
In keeping with our partner periscope’s topic of the year, Archive, this two-part exhibition shows works by Summer Academy teachers dealing with the topic in its
broadest interpretation. Archives are mirrors of society in a specific period. Here documents concerning particular questions are collected, processed,
catalogued and made accessible. Artists’ interest in archives generally consists in the methods for collecting and categorising information relevant to their own work and to the decision about
which object, document or file is worth including, and which not. This exhibition shows a variety of artistic approaches to accumulating, sorting, selecting
and displaying material, as well as reactions to existing archives.
Viktoria Schmid shows a collection of short 16mm film strips left over from editing. These are short excerpts that no longer form part of her filmography, but she is archiving the individual images as a kind of documentation, thus combining them into a new object. Giovanni Giaretta, on the other hand, is less influenced by the topic of archive than by the actual activity of collecting. He compares it with the work of a fisherman who occasionally fishes something out of the collection-sea in order to use it again. In his work, he collects webcam videos or individual pictures from magazines, and presents them superimposed, thus constructing a paradoxical situation which creates a completely new aesthetic. Matthew Peers‘ work, entitled „Two Suns, Three Flowers“, shows a collage of photos of works he did during a residency, overpainted with flower and sun motifs. Born in the 1990s, Matthew had access to the internet at an early age, and began to store and collect images from search engines, using them later in his works. Nina Prader takes the approach that archives exist only in language and human communication. In her work, she devotes much attention to leaflets and the paths they take. Here she shows a memory tool based on the idea of a Memory game combined with posters she made for her radio program- me „Paper & Tape“. Anton Stuckardt‘s work, too, focuses on the word and language. He has overwritten Heinrich von Kleist‘s „Über das Marionettentheater“, clarifying the treatment of historical sources. He compares the discussion on the natural charm and elegance of marionettes with the virtual reality of the camera obscura. The archive theme is probably most clearly dealt with here in the work of Sonja Bendel. She shows a card index with file cards on which she writes down her ideas, thus archiving them. The card index displayed here is intended as an aid to finding titles for pictures – whether existing titles or word combinations she has picked up to use for future titles. In analogue archiving, she is also interested in the haptic element for visualisation, where one has the connections literally before one‘s eyes.